Fliegenfischen – Journey of a Steelheader von April Vokey (Teil 1 und 2)

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Immer schon muss ich innerlich lachen, wie Angeln, eine Beschäftigung, die sich durch ihre Ruhe und Entspannung als Wohltat für die Seele auszeichnet, mit so vielen Dramen, Höhen und Tiefen verbunden sein kann.
Spinnruten, Multi- und Stationärrollen, Einhand- und Zweihand Fliegenruten – all dies habe ich mitgemacht, ausprobiert und in diesem Zusammenhang habe ich am eigenen Leib erlebt, welche Stereotypen und Konflikte bei jeder der verschiedenen Angelmethoden in den Köpfen der Angler vorhanden sind. „Wurmangler“, „Stopselfischer“, „Gummi-Fischer“ und „Fliegenfischer Snobs“ sind die üblichen Bezeichnungen. Ob Sie es mögen oder nicht, die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass Sie während Ihres Anglerdaseins auch schon einmal hinter dem Rücken so tituliert  wurden.

April Vokey

 

Um als guter Steelhead Angler bezeichnet zu werden, braucht es allerdings weitaus mehr als das Tragen teurer Wathosen oder das Werfen enger Schlaufen. Auch geht es nicht darum,  in wie vielen Vereinen man Mitglied ist, wie viele Privilegien man am Wasser besitzt oder wie oft man in Angelmagazinen zu sehen war.
Der wahrhaft leidenschaftliche Angler, egal ob Fliegenfischer oder nicht, ist stolz darauf, dass er für immer ein aufmerksamer Schüler ist und sehnsüchtig versucht, jedes neue Stück Wasser zu lesen und bei jedem Wurf eine perfekte Präsentation und einen perfekten Swing hinzubekommen.
Genau wie die langen Reisen der Steelheads, jener der ins Meer abwandernden Schönheiten, wird nahezu jeder ambitionierte Angler über die Jahre eine lange Reise zu sich selbst unternehmen. Er wird dabei oft mit Hindernissen wie Unentschlossenheit und Unsicherheit konfrontiert. Genau dieses lange und endlose Reisen nenne ich „The Journey of a Steelheader“.

April Vokey

 

Der erste Halt meiner Reise

Steelheads hatten schon immer einen besonderen Platz in meinem Herzen.
Als Frau, die eine geringe Toleranz für Schmähung und Missachtung besitzt, ist der Steelhead ironscherweise genau DIE Spezies für mich, der es nachzustellen gilt. Steelhead missachteten mich und im Gegenzug quälte ich mich, um während unzähliger und endloser Stunden am Wasser nur ein einziges Aufblinken einer silbernen Flanke zu sehen. Als Teenager schwänzte ich die Schule, und ich war Wochenende für Wochenende allein am heimischen Fluss, um den großen Cohos oder Königslachsen nachzustellen. Am Ende der Lachssaison hing ich dann immer sehr zögernd meine Wathose auf, um die Saison für beendet zu erklären. Genau zu dieser Zeit lernte ich zunehmend mehr über den sagenumwobenen Steelhead. So gesehen war es also einfach eine logische Konsequenz, diesen Fischen nachzustellen.

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Trotzdem hätte ich damals jeden für verrückt erklärt und ausgelacht, der mir gesagt hätte, dass ich mal ein sehr begeisterter „Steelhead Fliegenfischer“ werden würde. „Warum sollte irgend jemand seine Zeit beim Fliegenfischen auf Steelheads  verschwenden, wenn ich diesen Fisch beim Drift Angeln mit der Pose viel besser „erlege“?“. Mit der Multirolle und entsprechender Rute konnte ich ganz gut umgehen und ich liebte den Rausch, wenn meine abtreibende Pose plötzlich von einem aggressiven Steelhead in die Tiefe unter Wasser gezogen wurde. Allerdings war ich niemals ein Fan von Naturködern. (Irgendwie vertrugen sich Naturköder nicht mit meinen Fingernägeln…). Ich bevorzugte Spinnköder, Löffelblinker, Gummiköder und Wollköder.
So nahm ich es also mit den teilweise knackigen Wintern British Kolumbiens auf. Dabei wanderte ich auf unwegsamen schneebedeckten Pfaden und sammelte unaufhörlich dicke Schneeklumpen mit meinen Flizsohlen auf. Ständig war ich in meiner braunen Neoprenwathose auf der Suche nach etwas  Wärme.
Als Neuling in Angel-Foren und als belächelte Person in Angelläden war es wenig verwunderlich, dass ich bei dem ersten Kontakt mit zwei Fliegenfischern am Fluss etwas verwirrt war. Während ich mich mit meiner Spinnrute gerade an einer Strömungskante in einem meiner Lieblingspools entlang arbeitete, hörte ich männliche Stimmen auf der Kiesbank hinter mir. Ich drehte mich um und sah zwei Fliegenfischer, die offenbar diskutierten, ob Sie auch diesen „Run“ fischen sollten oder nicht. Der eine von ihnen raunte zu seinem Kollegen:  „Willst Du wirklich hier fischen? Der Junge mit dem Spinngerät hat den Run sicher schon ordentlich geplündert.“ Die zwei Fliegenfischer schauten mich mit Verachtung an und gingen dann weiter. Vor lauter Peinlichkeit lief ich rot an und versuchte, dies unter meiner Kappe zu verstecken. Ich bin bis heute meiner Jacke dankbar, dass meine langen Haare damals nicht zum Vorschein kamen.
An jenem Nachmittag fuhr ich nach Hause und fühlte mich erniedrigt und beleidigt. Was hatte ich verkehrt gemacht? Ich habe einfach mein Ding gemacht und war auf der Suche nach kleinen Abenteuern. Haben die zwei das nicht auch gemacht? Habe ich diese Reaktion herausgefordert, nur weil ich eine andere Rute in der Hand gehalten habe?
Umso mehr ich darüber nachdachte, umso wütender wurde ich. Ich ärgerte mich darüber, dass ich kein Wort gesagt hatte, um mich in irgendeiner Weise zu verteidigen. „Verdammte Fliegenfischer Snobs“ murmelte ich auf dem ganzen Weg nach Hause. Ich fühlte mich als Opfer und Bösewicht gleichermaßen. Allerdings  wusste ich damals nicht, welche Auswirkungen diese Erlebnis haben würde…

April Vokey

 

Ein Umweg  mit Veränderungen fürs Leben…

Die Jahre strichen vorbei und meine Einstellungen zur Fischerei veränderten sich. Die Fischerei mit dem Schwimmer verlor mehr und mehr ihren Reiz. Immer mehr erwachte die Sehnsucht in mir, das Fliegenfischen zu erlernen.
Eines Nachmittags nahm ich eine stocksteife, stark gebrauchte 8er Einhand-Fliegenrute ohne überhaupt werfen zu können und zog zu einer einsamen Stelle am Fluss los. Mein Herz raste, als ich meiner neuen Herausforderung gegenüber stand. Es dauerte nicht lange bis ich erkannte, dass Fliegenfischen das fehlende Puzzleteil in meinem Leben war.  Ich akzeptierte, dass ich ganz von vorne beginnen musste und stellte mich auf eine lange Lernphase ein. Allerdings merkte ich zu meiner Freude, dass erlernte Kniffe aus der Spinnfischerei dazu beitragen konnten, ein erfolgreicher Fliegenfischer zu werden. Diese Erkenntnis ließ schnell alle Schüchternheit am Wasser von mir abfallen und mit zunehmendem Selbstbewusstsein gewann ich mehr und mehr an Sicherheit.

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Ich beobachtete also jene Spezies Fliegenfischer, die ich einst so gefürchtet hatte. Die meisten der Fischer waren freundlich und zurückhaltend. Einige dieser Fischer brachten mir Tricks bei, die kein Buch oder ähnliches mir jemals hätte beibringen können. Bei anderen Fliegenfischern lernte ich, indem ich einige häufig vorkommende Fehler beobachten konnte. Mir fiel auf, dass viele Fischer viel zu weit im Fluss standen. Ebenso wurde ich Zeuge, wie Fliegenfischer sich mehr mit der Schönheit ihres Wurfes beschäftigten, als darauf zu achten, wo die Fische stehen. Sie wateten beispielsweise durch fischreichstes „Pocket-Water“. Diese Erfahrungen haben mir geholfen, viele Dinge relaxt zu sehen und nicht mehr stereotypen Meinungsbildern zu folgen, die Grund für meine frühere Ignoranz waren.

 

 

April Vokey

 

Die weniger befahrene Straße

Ich war mir durchaus bewusst, dass das Bekenntnis zur Fliegenfischerei auf Steelhead zu großen Diskussionen in meinem Freundeskreis führen würde. Ich hab’s trotzdem getan. Für mich war Fliegenfischen ein wichtiger Schritt auf der Reise zu mir selbst. Wenn ich heute behaupten würde genauso viele Fische wie früher mit der Spinnrute zu fangen, würde ich lügen. Dennoch, durch das Fliegenfischen erfuhr ich eine tiefe innere Zufriedenheit; und das, obwohl ich vor nicht allzu langer Zeit noch in Frage stellte, warum man sich mit der „Zeitverschwendung Fliegenfischen“ auseinandersetzen sollte. Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass die Fliegenfischerei nicht jedermanns Ziel ist. Fakt ist aber auch, dass ich immer wieder funkelnde Augen sehe, wenn ich Fremden die Möglichkeit gebe, das Fliegenfischen zu erlernen. Für viele ist es die Entdeckung eines neuen „Way of Life“ und sie fragen sich, warum sie nicht viel früher mit der Fliegenfischerei begonnen haben.

April Vokey

 

Schritt für Schritt

Egal, ob sie es zugeben oder nicht: Die meisten Fliegenfischer haben irgendwann als Spinnfischer angefangen. In anderen Fällen waren Würmer und Schwimmer die Wegbereiter zur Liebe zum Fischen.
Hier und dort hört man Stimmen die behaupten, dass Fliegenfischen schwer sei – ich sehe dies anders. Das Schöne an der Entwicklung von einem Spinnfischer zum Fliegenfischer ist, dass er sein erworbenes Wissen sehr gut und einfach beim Fliegenfischen anwenden kann. Wie bereits unter vielen Anglern bekannt, ist  die Kunst, das Wasser richtig zu lesen,  eine der wichtigsten Eigenschaften eines guten Steelhead-Fischers. Auch wenn Fliegenfischen etwas anderes als Spinnfischen ist, so gilt es auch hier, Fische zu finden. Sind erst einmal Steelheads gefunden, so gelingt es meist auch mit der Fliegenrute diese zu überlisten.

April Vokey

 

Auch die Werferei ist relativ einfach! Bis ich gelernt hatte, mit einer Baitcaster-Rolle umzugehen (Schnurnester inklusive…), hätte ich auch längst gelernt, eine Fliege verführerisch zu präsentieren. Ganz im Ernst: Der schwerste Schritt mit dem Fliegenfischen anzufangen ist, den ersten Schritt zu wagen!

Fertig zum Fliegenfischen?

Der oben erwähnte Weg zum Steelheadfischen soll in keinem Fall irgendwie diskriminierend gegenüber anderen Formen der Angelei sein. Jeglicher Weg ist holprig und man weiß nie, was einen hinter der nächsten Kurve erwartet. Da draussen gibt es viel zu lernen und zu sehen. Egal, ob Sie Ihren Weg kriechend, laufend, rennend oder rasend bewältigen: Der Weg, ein umsichtiger   Steelheadfischer zu werden, bietet sich jedem!

April Vokey

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