Fliegenfischen auf Steelhead – Frühjahr im Skeena Gebiet

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Es ist ende März. Ich habe das warme Neuseeland verlassen und bin soeben im noch winterlichen Kanada gelandet. Der Anfang eines lange herbeigesehnten Traumes beginnt. Ich habe ein Work und Travel Visum für ein Jahr und kann es kaum erwarten Kanada, dessen faszinierenden Landschaften und endlosen Fischereien zu erkunden. Fliegenfischen auf Steelhead ist als erstes auf der Liste.

Ein Freund aus der Universitätszeit nimmt mich für ein paar Tage auf und ich habe Zeit ein passendes Auto zu kaufen. Dieses wird in handwerklich minimalistischer Kunst in eine Art Wohnmobil umgebaut. Mein neues Zuhause ist simple, ein Bettgestell mit Matratze, welches gerade so genug Kopfraum bietet, und darunter Stauraum für Fliegenruten, Wathose, Fliegebindematerial, Klamotten und Lebensmittel. Ein Fischer, den ich später im Sommer treffe, beschreibt mich passend als Trout Bum, jemand der alles liegen und stehen lässt und nur fürs Fliegenfischen lebt. Zumindest für den Moment ist das wohl so.

Also dann nichts wie los zu den Steelheads im Skeena Gebiet! Aber wie wird die Fischerei werden? An welchem Fluss fange ich an? Welche Fliege? Welche Sink Spitze? Schnelle oder langsame Fliegenpräsentation? Wo kann ich einen Platz zum Campen finden? Oder soll ich für die 4 Wochen, die ich eingeplant habe, versuchen ein Zimmer zu mieten? Das sind nur einige der Fragen die in meinem Kopf herumschwirren. Es ist mein erstes Mal beim Steelheadfischen und auch das erste intensive Fischen mit der Zweihandrute.

Leider ermöglicht mein Reise-Etat kein Guiding, aber zumindest helfen mir die Jungs im Fly Shop in Terrace mit der Fliegen und Sink Tip Auswahl. Für die jetzige Jahreszeit sollen eher kleinere Intruder so um die 5 cm Erfolgreich sein und bei der Farbe hat jeder seine eigenen Vorlieben, aber pink, purple, orange und schwarz sind bewährt. Die Steelheads sollen sich in den Morgenstunden oft im seichten Wasser, wo die Strömung nur gering ist aufhalten, oder an Strömungskanten wo sie sich ausruhen bevor sie weiter Flussauf zu ihren schließlichen Laichplätzen ziehen.

 

Die Berge im Skeena Gebiet sind atemberaubend.

 

Aber an welchen Fluss soll es gehen? Der Skeena ist schon ziemlich trüb von der Schneeschmelze, aber wenn man weiß wo man die Steelheads findet soll man hier noch Glück haben können. Der Copper River ist total braun. Bleibt der Kitimat und der Kalum und einige kleinere Nebenflüsse. Da der Kalum ein Classified Fluss ist und die Lizenz am Tag 20 Dollar kostet entscheide ich mich erstmal für den Kitimat, hier kann ich mit der normalen Jahreslizenz fischen. Auch kann ich mich erstmal an die Zweihandrute gewöhnen und vielleicht lassen sich ja ein paar Steelheads finden.

Der Kitimat hat im Moment nur wenig Schneeschmelze und das Wasser ist fast glasklar. Ich fahre am Fluss entlang und wähle eine freie Parkbucht an einem mir vielversprechendem Abschnitt. Meine 7126-4 Redington Chromer Rute mit Domain 8 Rolle ist mit einem 500 grain Skagit Max Schusskopf bestückt, an welches Ende ich für den Anfang ein 5 ft schwimmend / 5 ft sinkend Medium MOW tip schlaufe. An das ca. 1 m lange 0,40 mm Maxima Ultragreen Vorfach knüpfe ich einen selbst gebundenen Mini Intruder in orange und pink.

Der erste Run den ich fische bringt keinen Erfolg. Ich bin aus der Übung und meine Zweihandwürfe sind nicht sehr attraktiv und auf keinen Fall konsistent, dies macht es schwierig den Fluss ordentlich zu fischen und die Runs Schritt für Schritt abgrasen. Es wird wohl noch ein paar Tage dauern bis ich hier einen guten Rhythmus finde.

 

Der Snap T, mein Lieblingswurf, ist einfach zu lernen und effektiv.

 

Der zweite Run bringt auch keinen Erfolg. Im dritten Run befindet sich im mittleren Bereich ein etwas tieferer und langsam fließender Bereich, der sehr vielversprechend aussieht. Meine Würfe werden etwas besser und auf halbem Weg durch den ruhigeren Bereich spüre ich wie kurz etwas an meinem Intruder knabbert. Mein Herz schlägt schneller aber es entsteht kein Widerstand. Ich lasse die Fliege bis ans Ufer schwingen, aber ich spüre kein weiteres Knabbern. Ich versuche den gleichen Wurf noch einmal und wieder knabbert es auf halbem Weg. Aber diesmal entsteht aus dem Knabbern ein Widerstand, ich setze den Haken und spüre wie sich am anderen Ende ein Fisch wehrt. Ich merke allerdings, dass der Fisch nicht sehr stark ist und sich die Rute kaum biegt. Das ist wohl kein Steelhead. Ich lande den Fisch und halte kurz eine wunderschöne Dolly Varden Forelle in den Händen bevor Sie zurück in den Fluss gleitet. Ein guter Start, zwar kein Steelhead, aber zumindest ein Fisch.

Die nächsten Tage ist es irgendwie immer das Gleiche. Ich versuche verschiedenen Fliegen und verschiedene Flussabschnitte, aber irgendwie fange ich nur Dolly Varden. Das Wasser ist saukalt, meine Beine frieren trotz Nano-Puff Hose und Wollsocken nach nur wenigen Minuten. So ist das wohl beim Fliegenfischen auf Steelhead. Leider war im Reisegepäck kein Platz für eine Neopren Hose. Das bereue ich jetzt, aber da muss ich durch.

Ich treffe ein paar amerikanische Fischer welche mit Bissanzeiger und Fisch-Ei-Fliegen fischen und Sie verraten mir dass Sie mit der Zweihand auch noch keinen Erfolg hatten, aber mit den Ei-Fliegen fangen sie jeweils ein paar Steelhead am Tag. Ich habe früher in Montana viel mit Ei imitationen gefischt, aber irgendwie hat diese Fischerei ihre Attraktion für mich verloren und ich will die Steelheads mit der Zweihandrute fangen. The Tug is the Drug!

Mitte des fünften Tages bin ich etwas frustriert. Die Kälte geht mir auf die Nerven und die Steelheads wollen nicht, zumindest für mich. Ich konnte einige andere Fischer beobachten wie sie erfolgreich waren aber ich habe kein Glück. Aus Frust ziehe ich meine 8er Einhandrute aus dem Rutenrohr und bestücke sie mit einem Bissanzeiger und Fisch-Ei Fliege. Ich habe keine Lust ins kalte Wasser zu steigen, also ziehe ich erst gar keine Wathose an. Ich wähle einen Pool, an dem ich vom Ufer aus Nymphen kann und fische meinen Weg von unten nach oben. Schnell fange ich ein paar Dolly Varden, meine Füße frieren nicht und meine Laune bessert sich. Wieder geht der Bissanzeiger unter, aber diesmal ist der Widerstand deutlich größer! Nach nur zwei Sekunden springt eine riesige Steelhead aus dem Wasser und überschlägt sich. Ich kann es nicht glauben! STEELHEAD schreie ich! Die Forelle rennt stromauf, dann stromab, dann wieder stromauf, Sie hat ordentlich Power! Nach einigen Minuten aber kann ich Sie landen und ich mache ein schnelles Foto bevor ich Sie in den Fluss zurückgleiten lasse.

 

Meine erste Steelhead.

 

Ich fühle mich wie erlöst, der Druck ist weg und ich freue mich wie ein Kind. Ich fahre zurück nach Terrace und finde nach einigen Tagen ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft, welches ich für ein paar Wochen mieten kann. Einige Tage lang fische ich nicht und erkunde stattdessen die Umgebung, besuche heiße Quellen und knüpfe neue Freundschaften.

Aber dann zieht es mich wieder raus. Ich fische ein paar Tage am Kalum und dann wieder am Kitimat aber der Erfolg mit der Zweihand bleibt aus. Eine Woche später verrät mir ein neu gewonnener Freund einen seiner besten Steelhead Runs und ich ziehe wieder los. Der Spot erfordert eine längere Autofahrt und einen Zumarsch zum Fluss durch Busch und Gestrüpp. Und die Bären sind jetzt auch schon alle aus dem Winterschlaf erwacht und haben Hunger. Nervös aber lautstark rede ich mit mir selbst während ich durchs Gebüsch in richtung Fluss marschiere. Erleichtert erreiche ich den Fluss ohne Zwischenfall.

Der Run vor mir fließt traumhaft langsam und scheint gerade zu perfekt. Am oberen Ende des Runs ist alles wie immer, ich fange ein paar Dolly Varden aber weiter nichts. Meine Würfe sind mittlerweile geübt, einigermaßen elegant und ich kann den Run effektiv befischen. In der Mitte des Runs passiert es dann, erst ein leichter Biss, dann nichts, und dann spüre ich Widerstand. Deutlich mehr als bei den Dolly Varden. Das muss eine Steelhead sein. Der Fisch schüttelt den Kopf, stellt sich in die Strömung und wehrt sich. Aber schließlich ermüdet er und ich lande eine etwas kleinere aber dennoch wunderschöne Steelhead. Nach einem schnellen Foto setze ich Sie zurück und ich bin überglücklich! Der Run gibt noch zwei weitere Steelheads her und am Ende kann ich mein Glück kaum glauben. 2 Wochen lange nichts und dann drei Super-Fische innerhalb von 45 Minuten. So macht Fliegenfischen auf Steelhead richtig Spass!

 

Endlich Erfolg mit der Zweihand.

 

In den kommenden Wochen wird die Fischerei  immer schwieriger, das Wetter wird warm und Regen und Schneeschmelze lassen die meisten Flüsse ansteigen. Ich fange noch ein paar Steelheads, aber dann ist es Zeit Terrace und die Steelheads zu verlassen. Auf geht’s in den Yukon und zu den Hechten.

 

Ausrüstungsempfehlungen:

Rute: 7er oder 8er Zweihandrute, mindestens 12 Fuß, z.B. SAGE X 7120-4 oder SAGE X 8120-4, Schnurklasse #7 oder #8

Rolle: 7/8er Rolle mit genügend Platz für dicke Zweihandschnüre, z.B. Traun River Freestone

Schnur: RIO Slick Shooter Running Line 44 lb, passender RIO Skagit Max Schusskopf, RIO MOW Tips

Wathose: Traun River Neopren Wathose Superior mit Nano Puff Hose

Fliegen: Mini-Intruder

 

BILDERGALERIE:

Text und Fotos: Michael Schallinger

 

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