Kommt und besucht mal Barbafly

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Fliegenfischen auf Barben

Kampfstarke Goldbarren
Kampfstarke Goldbarren

Text und Bilder: Günther Schmidhuber (www.gueflyfishing.com)

 

Wer kennt den Ohrwurm aus der eigenen Kindheit nicht: „Kommt und besucht mal Barbapapa… Können sich ändern wie sie wollen … Dünn oder dick, kurz oder lang … Kommt und besucht mal Barbapapa: Barbapapa, Barbamama, Barbabella, Barbaletta, Barbarix, Barbawum, Barbabo, Barbakus, Barbalala“ 

So, genug der juvenilen Schwelgereien und (in meinem Fall auch dezent peinlichen Mitsingereien „kurz oder lang, lalalalaaaa„), jetzt wird es ernst. Bei der obigen Familienaufzählung der bunten Bande fehlt nämlich leider jemand der unbedingt auch besucht werden sollte. Multicolor-Mobbing quasi. Ja, ich weiß, es ist eine unglaubliche Sauerei. Aber ich kann jeden harmoniebedürftigen Leser prompt beruhigen, ich habe das verstoßene schwarze Schaf kennengelernt, und mittlerweile sogar herausgefunden wie ich es immer wieder von einem unverbindlichen und informellen Get-Together überzeugen kann und das sogar ganz ohne Barbatrix. Doch eigentlich ist es gar nicht schwarz, sondern schimmernd golden. Um wen es sich handelt? Na klarerweise Barbafly.

Es geht also um die Barbe, einen höchst launischen und nicht so wirklich einfach mit der Fliege zu überlistenden Zielfisch, der darüber hinaus ein wahrer Kraftprotz ist und deshalb nicht zu Unrecht auch als der „Bonefish des Süßwassers“ bezeichnet wird. Und ja, ok, der tropische Knochenfisch könnte auch optisch ein Albinobruder der europäischen Barbe sein.

Kurz zu den Fakten: Barbus Barbus ist ein Flossenträger aus der Familie der Karpfenfische und hat ein unterständiges rüsselartiges Maul mit dicken Lippen und vier kurzen Barteln. Im Durchschnitt wird unser neuer Zielfisch um die 70 Zentimeter lang, es sollen aber in Ausnahmefällen auch schon Fänge von Meterbarben vermeldet worden sein. Zudem ist die Barbe ganz und gar nicht asozial, sonder meist in größeren Schwärmen von Fischen aller Größen anzutreffen. Gefressen wird so ziemlich alles was in die wülstigen Lippen passt, von Insektenlarven über Fischlaich hin zu Muscheln, Schnecken und Würmern und auch der eine oder andere kleine Fisch hat schon sein Ende in einem Barbenmaul gefunden.  Zudem ist die Barbe Namensgeber einer eigenen Gewässerregion, die sich durch schwache Strömung, einer Wassertemperatur um die 15 Grad Celsius und Sand- sowie Kiesboden charakterisiert.

Kampfstarke GoldbarrenIm Voralpenraum kommt die Barbe in vielen Gewässern vor, wird allerdings auch von vielen Anglern nicht unbedingt als Zielfisch, sondern oftmals eher als „lästiger Beifang“ gesehen. Für mich selbst waren die Barben immer ein bisschen ein Mysterium, dank teilweise kapitaler Größe absolut interessant zu befischen, allerdings mangels Erfolg eben auch immer ein bisschen … Dings. Anders gesagt: nach einigen Stunden erfolgloser Werferei auf Sicht wendet sich der hochmotivierte Angler dann gerne auch mal wieder seinen bissfreudigen Forellen zu.

Das hat sich seit wenigen Jahren geändert. Ich denke, ich habe nämlich den Barben-Code geknackt und lasse mittlerweile oftmals die Salmoniden zu Gunsten der goldenen Kraftpakete links liegen. Gut, ja, ich habe mittlerweile auch ein Gewässer in unmittelbarer Nähe meines Wohnorts mit ausserordentlich gutem Barben- und ausserordentlich schwachem Angleraufkommen gefunden. Und ja, das motiviert natürlich zusätzlich.

Also gehen wir jetzt mal ans Wasser. Im Idealfall können wir die Barbe mit der Fliege auf Sicht anfischen. Bzw. ist das eh schon Schmarrn, da es „die Barbe“ in der Praxis ja gar nicht gibt, es sind meiner Erfahrung nach immer „die Barben“, die sich da in teilweise großen Mengen von 20 bis 30 Fischen zu meinen Füßen tummeln. Wenn schon keine Sichtigkeit vorhanden ist, sollte man sich zumindest sicher sein, dass genau in diesem Pool Barben vorkommen, sonst sorgt die folgende Fischerei rasch zu rapider Demotivierung. Was nämlich das Wichtigste, das absolute Um und Auf der Fliegenfischerei auf Barben ist, ist kein Superduper-Tackle, keine besondere Fliege und auch keine spezielle Wurftechnik. Es ist ganz einfach Geduld und auch die Gabe mal ein paar Minuten unbewegt im/am Wasser zu stehen und zu beobachten. Sieht man dabei immer wieder Fischleiber aufblitzen ist es soweit, die Barben fressen und machen dies sogar in äusserst anmutiger Form. Mittels schneller Drehungen des teilweise beeindruckenden Körpers wird der Boden aufgewirbelt oder auch Nymphen aufgenommen. Kein Wunder, dass Schnelligkeit gefragt ist, immerhin ist der ganze Schwarm hungrig, da gilt das FIFF-Prinzip (first in, first feeded).

Im Drill
Eine Barbe an der Fliegenrute: ein Hochgenuss!

Jetzt heisst es ruhig bleiben und sich in aller Gemächlichkeit hinter den Fischen platzieren. Wenn dies wirklich ruhig und besonnen geschieht, kann es dabei durchaus passieren, dass plötzlich einer der größeren Leitfische ein, zwei Meter neben einem im Wasser steht und dort zu fressen beginnt. Und ja, auch diese Fische sind anfisch- und fangbar, das wichtigste Gebot ist stets: „Nicht hektisch sein“, gespookte Barben brauchen relativ lange (gerne Mal eine halbe Stunde und mehr) bis sie wieder anfischbar sind. Also gut, eine gut beschwerte Nymphe an das nicht zu dünne Vorfach (alles unter 0,16 ist weder für den Fisch, noch für den Angler ratsam, besser 0,20er oder ähnliches) und die Fische relativ weit überwerfen, damit die Nymphe auch die Zeit hat den Grund zu erreichen, bevor sie in die heisse Zone kommt. Bezüglich der Fliegenwahl habe ich schon mit verschiedensten Mustern Erfolg verbuchen können, lediglich die oftmals für Barben empfohlenen schwarzen oder schwarz-grünen Streamer wurden bislang vehementest verweigert. Ich persönlich benutze meistens eine nicht zu kleine Phaesant Tail-Nymphe oder die supersimple Peacock Beadhead-Nymphe. Wichtig ist meiner Erfahrung nach, dass stets ein schimmernder Goldkopf dabei ist, damit die Fische die Nymphe auch gut erkennen können. Aber auch Caddis-Nymphen eignen sich wie einige weitere Muster sehr gut für die Fliegenfischerei auf Barbus Barbus.

Soweit alles klar? Gut. Denn jetzt bekommt in neuneinhalb von zehn Fällen mal die Verzweiflung ihre Zeit so richtig schön mit dem anglerischen Verstand zu spielen. Fehlbisse sind bei Barben nämlich genauso an der Tagesordnung wie viele Drillaussteiger nach wenigen Milisekunden. Deshalb empfiehlt es sich beim kleinsten Verdacht einen Anschlag auf Verdacht zu setzen, oftmals beißen die Schnurrbartträger nämlich höchst spitz und spucken die Fliege in weniger als einem Wimpernschlag wieder aus.

Wenn die über den Boden hüpfende Nymphe jedoch über einen längeren Zeitraum so ganz und gar keinen Interessenten und somit nicht einmal Fehlbisse, bzw. zarte Zupfer bringt, dann gibt es hier noch einen exklusiven Tipp, welchen zumindest ich so noch nirgends gelesen habe, welcher mir aber bislang eigentlich die größten Barben beschert hat. Für dieses Set-up braucht es ein unbeschwertes Bachflohkrebs-Muster (die Farbe ist dabei eigentlich egal, von rosa, über hellblau bis zu Meister Propper-weiß brachte mir alles schon Fische in den Kescher) sowie ungefahr zehn bis 15 Zentimeter vor der Fliege ein Splitshot am Vorfach. Der Krebs ist dann zwar kopfüber unterwegs, doch das hat bislang weder mich, noch Barbafly sonderlich gestört.

Und dann, ja dann wird es über kurz oder lang passieren und ein weiterer Fliegenfischer mit schwerem Barbensyndrom wird mit heftigst verneigter Rute am Wasser stehen und grinsend die Barbapapa-Melodie summen…

Kapital
Und manchmal, ja manchmal steigt dann auch so ein 70 Zentimeter Goldbarren ein und beschert einen Drill der absoluten Extraklasse.
Kebserl
Bachflohkrebs-Muster samt Splitshot bringen auch häufig Schuppenkontakt
Release
Release
Release
darf wieder schwimmen…

 

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